Zum Tag der Muttersprache

Jedes Jahr am 21. Februar wird der Tag der Muttersprache gefeiert. Von UNESCO ausgerufen, soll er sprachliche und kulturelle Vielfalt und Mehrsprachigkeit fördern und macht also darauf aufmerksam, wie viele unterschiedliche Muttersprachen es gibt – und dass manche Menschen mehrere haben.

Ich bin in Deutschland aufgewachsen, zuhause wurde Deutsch gesprochen, aber nicht nur: Meine Mutter, die an der Schweizer Grenze aufgewachsen ist, sprach und spricht mit mir Alemannisch. Alemannisch ist also meine tatsächliche „Mutter“sprache. Die Dialekte des Alemannischen verorten sich im Südwesten Deutschlands, im französischen Elsass, der Schweiz, Liechtenstein und im österreichischen Vorarlberg und werden von Millionen Menschen gesprochen. Je nach Region unterscheiden sie sich deutlich voneinander, ebenso aber vom Standarddeutschen.

Nicht selten gab es irritierte Blicke, wenn andere uns reden hörten in der rheinland-pfälzischen Stadt, wo wir wohnten und man eigentlich einen ganz anderen Dialekt sprach. Ich erlaubte mir häufig den Spaß, neue Bekanntschaften zu verwirren, indem ich sie nicht vorwarnte und einfach plötzlich in den tiefsten Dialekt wechselte, sobald meine Mutter zugegen war – wobei es nicht einmal immer absichtlich passierte. Die Sprache, die ich mit ihr spreche, meine Muttersprache, ist mir so in Fleisch und Blut übergegangen, dass ich die Wechsel manchmal gar nicht oder erst später bemerke. Mit ihr Alemannisch zu sprechen, ist das natürlichste der Welt.

Als ich selbst ein Kind bekam, stand außer Frage, welche Sprache ich mit ihm sprechen wollte. Mittlerweile ist das Kind zwei, spricht weder Alemannisch noch Standarddeutsch fließend, versteht jedoch beides und spricht die Sätze, die es spricht, mal in dieser, mal jener Sprache, mal völlig durcheinander. Seine Sprache entwickelt sich genau so, wie sich Mehrsprachigkeit bei Kindern entwickelt – das trifft also nicht nur auf verschiedene Sprachen, sondern auch auf Dialekte zu.

Weiterhin wohnen wir weit weg vom alemannischen Sprachraum – und dennoch fühle ich mich dort völlig zuhause, wenn ich da bin. Sprache ist nie nur Kommunikationsmittel, sondern auch Identität, Kultur, Heimat. Auch deswegen spreche ich mit meinem Kind in meiner Muttersprache, damit es versteht, woher es kommt, dass es viele Heimaten geben kann, dass Sprachen selbst in sich vielfältig sind und dass wir Menschen vielfältig sind. All das gilt es zu feiern – nicht nur, aber vielleicht besonders an Tagen wie heute.

Wer mehr über Alemannisch wissen möchte, dem sei die Muettersproch-Gsellschaft ans Herz gelegt. Sie ist ein Verein, der sich dem Erhalt und der Dokumentation des Dialektes widmet. Dafür organisiert und realisiert sie Veranstaltungen, Stammtische, Schreibwettbewerbe und andere Projekte. Ihr findet sie über ihre Homepage, über Facebook, Instagram und Threads.

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